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Blutproduktion im Labor: Wichtiger Durchbruch ermöglicht neue Perspektiven

Die Herstellung von menschlichem Blut im Labor rückt näher. Forschern der Universität Konstanz ist es gelungen, einen bislang ungelösten Schritt der Blutbildung zu entschlüsseln: den Verlust des Zellkerns bei der Entstehung roter Blutkörperchen. Diese Erkenntnis könnte künftig eine effiziente, künstliche Blutproduktion ermöglichen – ein potenzieller Meilenstein zur Deckung des steigenden Bedarfs an Blutkonserven.

Blutspenden reichen oft nicht aus

In Deutschland werden täglich rund 15.000 Blutkonserven benötigt. Aufgrund begrenzter Haltbarkeit und schwankender Spendenbereitschaft kommt es regelmäßig zu Engpässen. Deshalb arbeitet die Forschung seit Jahren daran, Blut künstlich herzustellen. Doch erst wenn alle Phasen der natürlichen Blutbildung vollständig verstanden sind, kann dieser Prozess im großen Maßstab realisiert werden.

Entwicklung roter Blutkörperchen besser verstanden

Wissenschaftler konnten bereits aus Stammzellen sogenannte Erythroblasten züchten – die Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Der entscheidende letzte Schritt blieb jedoch lange unklar: Dabei stößt der Erythroblast seinen Zellkern ab, ein Prozess, der bei Säugetieren üblich ist, um mehr Platz für den Sauerstofftransport zu schaffen.

Wie Julia Gutjahr von der Universität Konstanz erklärt, erfolgt diese Veränderung über eine asymmetrische Zellteilung: Nur eine der beiden Tochterzellen behält den Zellkern, während die andere zur kernlosen roten Blutzelle wird. Die Zelle mit Kern wird anschließend von körpereigenen Fresszellen beseitigt – übrig bleibt der funktionstüchtige Erythrozyt.

Signalstoff CXCL12 löst Zellkernausstoß aus

In Versuchen mit Mäusen fanden die Forscher nun heraus, dass das Chemokin CXCL12 und sein Rezeptor CXCR4 eine zentrale Rolle bei diesem Zellkernausstoß spielen. Sobald CXCL12 an unreife Erythroblasten bindet, löst es eine Reifungskaskade aus: Die Zelle verändert ihre Form, verschiebt ihren Zellkern an den Rand – und stößt ihn schließlich ab.

„Das Signalmolekül wird bis in den Zellkern transportiert, beschleunigt dort die Zellreifung und fördert den Ausstoß des Zellkerns“, so die Forschenden.

Durch gezielte Zugabe des Botenstoffs gelang es im Labor, den kritischen Schritt kontrolliert auszulösen – ein bedeutender Fortschritt auf dem Weg zur künstlichen Blutproduktion.

Ausblick: Blut aus dem Labor für die Praxis?

Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten, Erythrozyten künstlich und effizient herzustellen. Bis eine industrielle Produktion möglich ist, sind jedoch weitere Forschungsarbeiten notwendig.

„Wir untersuchen aktuell, unter welchen Bedingungen CXCL12 optimal wirkt, um eine möglichst hohe Erfolgsrate bei der Erzeugung humaner roter Blutkörperchen zu erreichen“, heißt es aus dem Forschungsteam.

Langfristig könnte diese Technologie nicht nur helfen, Engpässe zu vermeiden, sondern auch seltene Blutgruppen gezielt erzeugen oder patienteneigenes Blut für spezielle medizinische Anwendungen reproduzieren.

„Die Herstellung bleibt aufwendig, bietet aber enormes Potenzial für personalisierte Medizin und eine verlässliche Versorgung mit Blutkonserven.“