Neues Bartgeier-Küken im Natur- und Tierpark Goldau – Erfolgreiche Aufzucht durch erfahrenes Bartgeierpaar
Im Februar 2025 konnte der Natur- und Tierpark Goldau ein erfreuliches Ereignis vermelden: Ein Bartgeier-Küken aus dem Zoo Ostrava (Tschechien) wurde erfolgreich in den Horst des erfahrenen Bartgeierpaares Mascha und Hans integriert. Der Nachwuchs stellt einen bedeutenden Beitrag zum Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) dar und stärkt die Schutzbemühungen für eine der beeindruckendsten Greifvogelarten Europas.
Ein unbefruchtetes Ei – und eine besondere Lösung
Die Bartgeier Mascha (36 Jahre) und Hans (33 Jahre), ein bewährtes Zuchtpaar im Tierpark Goldau, legten zum Jahreswechsel 2024/2025 ein Ei. Am 14. Februar, bei einer routinemässigen Kontrolle, stellte sich heraus, dass das Ei unbefruchtet war. Dennoch zeigten die Tiere ein stark ausgeprägtes Brutverhalten und bebrüteten das ausgetauschte Gipsei weiter – ein natürlicher Vorgang bei Greifvögeln, wie Dr. Pascal Marty, Kurator des Parks, erklärt.
In enger Abstimmung mit dem Koordinator des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms für Bartgeier entstand die Idee, dem Paar ein Küken aus einem anderen Zoo zur Aufzucht zu übergeben – eine bewährte Methode in der Erhaltungszucht.
Nutzung des natürlichen Brutverhaltens – Kainismus als züchterische Chance
Bartgeier legen typischerweise zwei Eier im Abstand von wenigen Tagen. In freier Wildbahn überlebt fast ausschliesslich das erstgeschlüpfte Küken, da es das jüngere durch sogenannte Kainismus-Mechanismen verdrängt – also durch aggressives Verhalten vom Fressen abhält oder sogar tötet. In der kontrollierten Zucht wird das zweite Küken daher häufig entnommen, um es von einem anderen Paar aufziehen zu lassen – eine Strategie, die sowohl den Arterhalt als auch die genetische Vielfalt fördert.
Das nun in Goldau adoptierte Jungtier stammt aus dem Zoo Ostrava und ist ein solches „Zweitküken“, das durch diese Maßnahme eine zweite Überlebenschance erhält.
Erfolgreiche Integration im Horst – Mascha und Hans übernehmen die Elternrolle
Das Küken traf am 25. Februar 2025 wohlbehalten in der Zentralschweiz ein. Nach medizinischer Untersuchung und Eingewöhnung wurde es am selben Nachmittag in den vorbereiteten Horst gelegt. Die beiden Altvögel akzeptierten das Jungtier ohne Probleme und übernahmen sofort die Pflege. „Mascha und Hans sind extrem erfahrene Elterntiere. Zwar gibt es nie eine Garantie für die Annahme, doch ihre Reaktion war vorbildlich“, freut sich Dr. Marty über den gelungenen Start.
Artenschutz als zentrale Aufgabe
Die Aufnahme und Aufzucht des Küken durch das Bartgeierpaar in Goldau ist Teil eines umfassenden Engagements im Artenschutz. Der Natur- und Tierpark Goldau ist in zahlreiche internationale Zucht- und Auswilderungsprogramme eingebunden. Besonders hervorzuheben ist das langfristige Engagement für den Bartgeier (Gypaetus barbatus), eine Art, die in der Schweiz einst ausgerottet war. Dank gezielter Wiederansiedlungsprojekte leben heute wieder rund 300 Bartgeier in den Alpen – ein direkter Erfolg von Schutzmaßnahmen und wissenschaftlich geführter Nachzucht in Zoos und Tierparks.
Bedeutung für den Fortbestand einer bedrohten Greifvogelart
Der Nachwuchs von Mascha und Hans in Goldau stärkt nicht nur die Zoopopulation der Bartgeier, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag zur genetischen Vielfalt der Art. Langfristig besteht zudem die Möglichkeit, Jungtiere aus dem Goldauer Bestand für Auswilderungsprojekte bereitzustellen, sofern die Voraussetzungen gegeben sind.
Durch die gelungene Integration des Jungtiers unterstreicht der Natur- und Tierpark Goldau seine Rolle als bedeutende Einrichtung im europäischen Artenschutz. Neben Naturschutz, Bildung und Forschung ist die nachhaltige Erhaltungszucht ein zentraler Pfeiler der Arbeit – zum Wohle bedrohter Tierarten wie dem majestätischen Bartgeier.